Den Prager Abend zaubern einige Weiber herbei und lassen Irrlichter aufflackern. Wer weiß, wer sie eigentlich sind und wo sie wohnen; urplötzlich tauchen sie auf, geduckt und eilend, berühren mit langen Bambusstangen die Gaslampen und zaubern den Abend herbei. Den Abend der Altstadt und der Kleinseite, ein uraltes und geheimnisvolles Märchen, so geheimnisvoll, wie sie es selbst sind, den Abend der winkligen Gäßchen und gespensterartigen Schatten, den Abend der Verträumten und Verliebten.
Ich will Sie durch das bizarre Labyrinth der Altstadt führen, dort um die Teinkirche und die Bethlehemskapelle, wo Franz Kafka an vielen Abenden herumgeisterte. Auf der Karlsbrücke werden Sie glauben, der Hradschin sei aus Papier geschnitten und das Nationaltheater auch - so phantastisch wird die Schau sein, die ich Ihnen biete.
Dann gehen wir gemächlich die Nerudagasse hinauf, jene Gasse, wo jedes Haus seine Geschichte hat oder, besser gesagt, Geschichte ist: Wenn Sie aufmerksam hinhören, erkennen Sie Geklapper von Pferdehufen, die Stimme des Nachtwächters, das Rasseln einer Hellebarde und den Gesang einer Magd aus irgendeiner Dachkammer; all dies blieb in den Mauern erhalten.
Wir werden an der stummen Wache vorbeischreiten, bewundernd dem kühnen Dombaumeister unsere Referenz erweisen, durch das Fenster in das Gasthaus »Na Vikarce« einen Blick werfen, ob dort zufällig nicht der legendäre Herr Broucek sitzt, und vor die Burg, auf die Burgrampe zurückkehren.
Lehnen Sie sich nur ruhig an; jetzt hat es wirklich keine Eile. Eine ganz Million gelber und blauer, weißer und grüner und roter Lichter irrlichtert nur für uns, das Feuerwerk eines Alltagsabends, ewige Flämmchen ewiger Sehnsüchte. Dort schleicht ein Kater über den Giebel, und irgendjemand spielt furchtbar falsch Violine...