Norwegen August/September 2009
Teil 7
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Lærdalstunnel Borgund Mørketal Hemsedal Pilzfunde Uvtal Stabkirchen Entlang des Lågen Larvik
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Mo 31.8.
Morgens ist der Himmel bedeckt, aber das Wetter ist freundlich und trocken. Lediglich nach dem Frühstück fällt etwas Sprühregen. Der Urlaub nähert sich seinem Ende; in drei Tagen geht unsere Fähre. Außerdem ist für viele Campingplätze heute der letzte Tag, denn ab 1. September schließen die meisten.
Gleich hinter Lærdalsøyra wartet ein Schmankerl auf uns - der mit fast 26 km längste Tunnel der Erde. Damit die Fahrer nicht vor Langeweile einschlafen, haben die Konstrukteure Kurven und beleuchtete Grotten eingebaut.
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Wir fahren also wieder Richtung Osten, talaufwärts durchs Lærtal auf der E16. Teilweise führt parallel zur Europastraße noch die alte Handelsstraße entlang. Sie ist als Touristenstraße ausgeschildert, und wir beschließen ihr zu folgen.
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Sie windet sich neben dem wilden Fluß Læerdalselva durchs Tal, und an manchen Stellen führt sie unter niedrigen, hervorspringenden Felsüberhängen hindurch. An einem wiesenbestandenen Berghang kann man die Überreste der alten Ansiedlung Galdane sehen - ein halbes Dutzend Häuser. Sie wurde 1947 aufgegeben.
Entlang des Flusses führt auch ein schmaler Wander- und Klettersteig, den wir gern gegangen wären, aber bei dem regnerischen Wetter ist es nicht ganz ungefährlich, über die glatten Steine und Laufstege zu gehen. Am Ende der Straße fließt der Fluß durch eine Klamm und hat aus dem Gestein einen Strudeltopf herausgewaschen.
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Wir fahren weiter auf der neu gebauten Europastraße und biegen kurz danach nach Borgund ein, wo die besterhaltene Stabkirche Norwegens steht. Wir haben sie damals schon besichtigt, wollen ihr aber, da wir in der Nähe sind, einen kurzen Besuch abstatten.
Auch hier hat sich seitdem einiges getan: Ein Besucher- und Informationszentrum wurde errichtet, und man kommt ohne Eintrittskarte nicht mehr in die Nähe der Kirche. So mache ich ein paar Fotos im Regen aus der Distanz, und wir fahren weiter.
Wir biegen ins Mørketal ein, und es geht gleich in Serpentinen bergauf, am Hang entlang. Mit steigender Höhe weitet sich das Tal, und wir geraten langsam in die Wolken. Weiter oben liegen einige Seen; einer von ihnen wird durch eine Staumauer begrenzt. Es geht bis auf 1137 m hoch, die Temperatur sinkt auf 7,5°C ab. Als wir über die Hochebene hinweg sind, kommen wir in eine uns schon bekannte Gegend: ins Hemsetal, in dem wir uns vor einigen Wochen schon befanden. Die Gegend wird wieder lieblicher; das rauhe Gestein in der Höhe macht einer Landschaft mit Mittelgebirgscharakter Platz.
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Im Ort Hemsedal statten wir dem Campingplatz, auf dem wir vor genau zwei Wochen bereits übernachteten, einen Besuch ab. Er ist menschenleer, aber schon wieder finden wir Birkenpilze. Außerdem regnet es, also fahren wir weiter talabwärts bis Gol, wo wir uns nach Südwesten wenden. Hinter Torpo folden wir einem Hinweis auf den Campingplatz »Familiecamping Wangen« und biegen auf eine schmale Straße ein, die uns dorthin folgt.
Zuerst fällt uns wieder der Pilzreichtum auf, wir trauen unseren Augen kaum, als am Rand einer großen Wiese die Perl- und Steinpilze in Gruppen stehen. Die Einfahrt zum Campingplatz flankieren zwei große Steinpilze. Der Platz macht einen freundlichen Eindruck, eine große, ebene Wiese, Spielplatz, am Rand Hütten. Wir sind uns anfangs nicht klar, ob der Platz noch betrieben wird, aber die Sanitäranlagen sind noch geöffnet, und so bleiben wir, obwohl sich auf unser Klingeln an der Rezeption und im nahen Wohnhaus nichts tut.
Später am Abend dürfen wir unsere 80 NOK bezahlen. Aber erst einmal bauen wir das Zelt auf, denn es regnet nicht mehr. Während das Zelt trocknet, unternehmen wir einen kleinen Spaziergang in die nähere Umgebung und sammeln uns wieder einmal unser Abendessen zusammen: Diesmal sind es vorwiegend Steinpilze, die wir in unserer Pfanne brutzeln.
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Nach dem Abendessen durchforsten wir unsere Umgebung, einen richtigen Zauberwald, denn Bäume und Steine sind von dicken Moosschichten überzogen, die auf ein dauerfeuchtes Klima hinweisen und die uns an Irland erinnern. Auch hier finden sich Reste einer alten Handelsstraße. Ganz in der Nähe steht auch die Stabkirche von Torpo, doch die kennen wir bereits, es dunkelt schon, und so kehren wir zurück zum Platz.
Unter der nahen Hauptstraße führt ein Tunnel hindurch zu einem Fischplatz. Hier wurde der Fluß zu einem kleinen See angestaut. Dort sitzen wir bis zum Einbruch der Dunkelheit, die recht schnell kommt. Seit unserer Ankunft vor drei Wochen kommt der Sonnenuntergang heute fast fünfzig Minuten früher.
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Di 1.9.
Am Morgen steigen die bodennahen Wolken so weit nach oben, daß sich die Sonne zeigt und wir bei Sonnenschein frühstücken. Später, als wir abreisen, ziehen wieder Wolken auf. Hinter Geilo, wo wir einen kleinen Stop einlegen und einkaufen, beginnt es wieder zu regnen; erst schwach, dann später. Dunkle Wolken ziehen auf.
Wir biegen südostwärts ins Uvdalen ein. Auch hier steigt die Straße an und führt bis auf eine Höhe von 1000 m. Wie üerall ist die Gegend selbt in großen Höhen besiedelt; kleine Gehöfte und überall Hütten.
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An einem schmalen Weg halten wir und vertreten uns die Beine. Kerstin sammelt Blau- und Moosbeeren (die allerdings noch nicht ganz reif sind). Die Landschaft hat hier oben wieder sehr nördlichen Charakter; mooriger Boden, niedrige Birken, Moose, Flechten, Heide, Beeren. Immer wieder setzt Regen ein.
Wir erreichen hinter Dagali einen Rastplatz, an dem auch die Hütte einer Touristeninformation steht. Vor dem Haus unterm Dach stehen zwei bequeme Sessel, und so haben wir unser Stelle gefunden, an der wir zu Mittag essen. Anschließend gehen wir zum nahen Fluß Lågen. Er ist, wie wir erfahren, der drittlängste Fluß Norwegens, der oben auf der Hardangervidda entspringt und uns auf unserer Fahrt bis nach Larvik begleiten wird. An einigen Stellen wird er angestaut und zur Energiegewinnung benutzt.
Wir fahren weiter talabwärts durchs Uvdalen. Im gleichnamigen Ort besichtigen die Holzkirche in traditioneller Bauart, mit langem Kirchenschiff, aber den typischen geschnitzten Figuren am Dachgiebel, die man sonst an einer Stabkirche findet.
Die Stabkirche steht erst 6 km weiter, am Berghang. Sie bildet zusammen mit mehreren historischen Gebäuden wie einer Schule, einem Speicher ein Freiluftmuseum. Es hat seit heute geschlossen, doch das Gelände ist zugänglich, und wir sehen uns die Gebäude von außen an und versuchen, einen Blick durch die Fenster der Stabkirche zu erhaschen. Es kommt nun auch die Sonne heraus, zaubert Licht und Farbe über die Landschaft, und wir halten tea time.
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Bei Sonnenschein fahren wir weiter und halten Ausschau nach einem Campingplatz. Bald werden wir fündig, der "Persgård Camping", an einem kleinen angestauten See des Lågen, etwas unterhalb der Straße, ist geöffnet, wenn auch leer. Auch hier müssen wir aufpassen, daß wir nicht auf feuchtem Grund aufbauen. Mitten im See liegt, rätselhaft für uns, einer dieser weißen, mit Folie umwickelten Heuballen.
Schon kommt die Besitzerin, eine alter Dame, und bei ihr zahlen wir unsere 100 NOK. Später kommen noch weitere Besucher, ein älteres fahrradfahrendes Ehepaar, älter (Respekt!), und eine deutsche Familie im Caravan. Der Platz ist ansonsten einfach, ohne Küche, aber wir haben ja alles Nötige dabei, um uns unser Abendessen zuzubereiten.
Gegen Abend ziehen wieder Wolken auf, aber es bleibt trocken. Vereinzelt zeigen sich Sterne und, tief am Horizont, ein verschleierter Mond. Als ich nachts aufwache, steht über ins ein prächtiger Sternhimmel. Im Westen geht gerade das Sommerdreieck unter, und im Osten steigt Orion auf - ein eindrucksvoller Beleg dafür, daß der Sommer scheidet und der dunklen Jahreszeit Platz machen muß.
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Mi 2.9.
Die Nacht war recht kalt und feucht, doch klar, deshalb ist es morgens sonnig, bis wir unser Frühstück beendet haben. dann verschleiert sich der Himmel wieder. Wir fahren weiter nach Larvik, und es ist der erste Tag, an dem wir ein festes Fahrziel haben. Der Weg führt uns auf dem Rv40 südwärts, immer entlang des Flusses Lågen, der immer wieder angestaut und zur Energiegewinnung benutzt wird. Im nahen Rødberg, wo ein Pumpspeicherkraftwerk arbeitet, erledigen wir unsere letzten Einkäufe.
Wir nähern uns dem Ort Nore, wo eine Stabkirche steht. Sie ist etwa 800 Jahre alt, wurde aber umgebaut und nur eine Zeichnung verrät noch, wie sie ursprünglich aussah. Natürlich ist sie geschlossen, und wir lesen den deutlichen Hinweis: "Bitte fragen Sie nicht die Nachbarn nach dem Schlüssel, sie haben ihn nicht". So fotografieren wir die Kirche, spähen durch die verstaubten Kirchenfenster, um etwas vom reich dekorierten Inneren zu erhaschen und fahren weiter.
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Doch die nächste Stabkirche ist nicht weit; wir müsssen dafür nur eine Parallestraße entlangfahren, und schon stehen wir vor der Kirche von Rollag. Auch sie hat nicht mehr ihr ursprüngliches Aussehen, auch sie ist innen um Altar und Kanzel herum reich verziert, wovon wir aber von außen nicht viel mitbekommen. Wir können eine von außen reich bemalte Tür und ein altes Grabkreuz bewundern. Und auch hier hat die Sonne mit uns ein Einsehen und verschönert so unsere Fotos.
Dann sind wir wieder auf unserem Rv40 und setzen die Fahrt fort. Die Umgebung hat nicht mehr dieses dramatische Aussehen; die Berge sind nicht mehrso schroff und hoch, die Spuren der Landwirtschaft mehren sich. Wir kommen in eine Gegend, die dem Elbsandsteingebirge ähnelt, und durch das sich der Fluß windet. In Flesberg steht die nächste Stabkirche, doch auch sie wurde umgebaut. Da es wieder anfing zu regnen, steigen wir nur kurz für ein Foto aus. Doch kurz vor Kongsberg kommt wieder die Sonne heraus, wir unterbrechen die Fahrt an einer Raststätte mit einer überdachten Bank und machen einen kleinen Spaziergang am Fluß entlang. Kongsberg durchfahren wir ohne Halt, erhaschen dabei einen Blick auf das Bergbaumuseum und den hier über Kaskaden herabrauschenden Fluß.
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Es wird wieder sonnig, während wir durch die bewaldeten Täler fahren. Dann veranlaßt uns ein Hinweis auf den Geopark Brufoss zu einem weitere Stop. Auch hier bahnt sich der Fluß rauschend den Weg durch eine felsige Enge, und man kann dort entlang markierter Wege wandern. Die Temperaturen nähern sich jetzt der 20°C- Marke, doch es ziehen Regenfronten vorüber; wir fahren hinter einer hinterher, auf nassem Asphalt bei Sonnenschein.
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Die Gegend wird allmählich immer flacher; deutlicher Hinweis darauf, daß wir uns der Küste nähern. Schließlich kommen wir in Larvik an. Wir haben uns ein paar Campingplätze ausgesucht, die noch geöffnet haben. Gleich für den ersten, "Grøn- Camping" entscheiden wir uns.
Er liegt direkt am Meer, und, was noch wichtiger ist, nur ein paar Autominuten vom Fähranleger entfernt, denn wir müseen morgens um sieben Uhr an der Fähre sein. Der Platz ist sehr naß, denn es hat vor unserer Ankunft tüchtig geregnet. Es gibt eigentlich nur eine Stelle in der Caravan- und Zeltsektion, und dort bauen wir auf. Der größte und besterhaltene Teil des Platzes ist Dauercampern vorenthalten, aber das kennen wir schon.
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Es ist windig, aber sonnig, mit nur wenigen Wolken. Wir erkunden die Umgebung. Zum Strand gehört eine kleine sandige Bucht, und an einer Stelle ist es tatsächlich windgeschützt. Am Abend schaffen wir es nach dem Essen gerade noch zum Strand, um ein schönes Abendrot verfolgen zu können. Wir genießen diese letzten Momente unseres Aufenthalts und ziehen in Gedanken Bilanz.
Do 3.9.
Der Rest ist schnell erzählt. Um fünf Uhr morgens klingelt das Handy, wir schälen uns aus dem Zelt. Nachts hat es leicht geregnet; die Wolkenfront zieht gerade ab. Hier und da auf dem Platz sieht man verschlafene Geichter; wir sind nicht die einzigen Fährpassagiere. Wir bauen das Zelt ab, und da wir früh genug aufgestanden sind, können wir in der Küche noch bequem frühstücken, ehe wir zur Fähre aufbrechen.
Die mächtigen Cumuluswolken werden von der aufgehenden Sonne in rost- und orangerote Farben getaucht. Rechtzeitig stehen wir vor der Fähre. Der Himmel ist bewölkt, mit blauen Abschnitten; die Luft weht frisch herein und die Temperatur beträgt moderate 11°C. Die Überfahrt verläuft ruhig. Der Himmel hat sich bedeckt. Wir kommen pünktlich in Dänemark an und treten die lange 800-km- Heimfahrt an. Auf der gesamten Fahrt, angefangen in Dänemark bis nach Südniedersachen, durchqueren wir immer wieder heftige Regenschauer, die westwärts quer übers Land ziehen und aus der Distanz eindrucksvoll aussehen. Der Regen hört schließlich auf, als wir uns Kassel nähern, und wohlbehalten sind wir am Abend gegen 21:30 wieder zu Hause.