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Polarlichter am 10./11.05.2024 über Mühlhausen
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Die Sonne nähert sich ihrem Aktivitätsmaximum, das für das nächste Jahr 2025 erwartet wird. Schon jetzt zeigt sie erhöhte Aktivität. Am 30.4.2024 tauchte am östlichen Rand der Sonne eine größere Fleckengruppe auf. Sie erhielt die Bezeichnung AR 3664 (hier in der Bildmitte), der ich eine eigene Webseite gewidmet habe. In den Folgetagen war sie Ursache mehrerer koronaler Massenauswürfe (CME).
Am Abend des 8.5.2024 wurde ein solches CME von AR 3664 in Richtung Erde geschleudert. Dank der Satelliten, die zwischen Sonne und Erde stationiert sind, konnten das Eintreffen des solaren Sturms ziemlich genau vorhergesagt werden. Wer sich am 10.5. gegen Abend im Freien aufhielt, fernab von störenden künstlicher Beleuchtung, sollte mit großer Wahrscheinlichkeit Polarlicht sehen können. Ein Admin des AKM e.V. Forum formulierte es so:
»Man muss heute Abend definitiv in der Dämmerung draußen sein und mit dem Dunkelwerden sein persönliches Polarlicht mit den Augen abholen. Einfacher als heute wird es nicht«.
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Es gibt verschiedene Indikatoren, die auf eventuelle Polarlichter hinweisen, und sie betrachten jeweils die geomagnetische Aktivität, also die Veränderungen, die das CME im Erdmagnetfeld bewirkt. Das Polarlichtoval ist eine Region rund um den Nordpol, das anzeigt, wo und mit welcher Stärke mit Polarlichtern gerechnet werden kann. Es ist normalerweise schmal und grün und reicht nicht, wie an diesem Abend, herunter bis nach Südeuropa (Bild rechts).
Ein weiterer Indikator ist der Kp- Index, der auf die aktuelle geomagnetische Aktivität hinweist. Er wird alle drei Stunden neu ermittelt, und zwar von verschiedenen Stationen rund um den Erdball. Auf einer Skala von 1 bis 10 erreicht er meist Werte unter 4. Liegt er darüber, steigt die Wahrscheinlichkeit, Polarlichter zu sehen. Am Abend des 10. Mai stieg er in kürzester Zeit bis fast ans Ende der Skala. Unten habe ich den Verlauf des Kp- Index über drei Tage, 9., 10. und 11. Mai, dargestellt.
Ein weiterer ist der DST- Index (Disturbance storm time index), der stündlich von vier Stationen rund um die Erde in Form eines sogenannten Störmagnetfeldes ermittelt wird. Je stärker das ist, um so mehr schwächt es das Erdmagnetfeld. Der Index hat ein negatives Vorzeichen, seine Größe wird in nT ermittelt, der Einheit der magnetischen Flußdichte (auch als magnetische Induktion bekannt).
- © GFZ Potsdam
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Also bin ich gegen 22 Uhr vor die Haustür getreten und habe eine Probeaufnahme in Richtung Norden gemacht. Als die Aufnahme deutlich erkennbares violettes Licht zeigte, habe ich Kamera und Stativ aufs Fahrrad gepackt und bin einen knappen Kilometer nordwärts geradelt. Schon auf dem Weg, noch ehe sich das Auge an die Dunkelheit gewöhnt hatte, konnte ich über große Regionen des Himmel eine rötliche Färbung erkennen, die auf dem Foto ins Violette überging.
Wir hatten diesmal großes Glück mit dem Wetter; am Horizont zeigten sich noch vereinzelte Wölkchen, die sich später auflösten bzw. weiterzogen.
Von den vielen Aufnahmen, die entstanden, zeige ich hier nur wenige ausgewählte.
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Schnell wurde mir klar, daß das Teleobjektiv nicht ausreichte, das ganze Himmelsschauspiel zu erfassen. Die Aurora ging bis über den Zenit hinaus. So beschloß ich, nachdem ich eine Reihe Fotos aufgenommen hatte, noch mal nach Hause zu fahren und das 8 mm - Fisheye zu holen. Das sollte sich lohnen.
Eine halbe Stunde war ich wieder vor Ort. Die Intensität der Polarlichter hatte wieder etwas nachgelassen.
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Der nebenstehende Videoclip hat eine Länge von 70 Sekunden. Es faßt 94 einzelne Aufnahmen mit dem Fisheye zusammen, die innerhalb eines 15minütigen Zeitraums von 0:38 - 0:53 MESZ entstanden. Jede Aufnahme wurde 6 Sekunden lang bei ISO 1000 belichtet.
(Der Eindruck einer Lichterglocke entsteht durch die Verzerrungen, die durch das Objektiv hervorgerufen werden, das einen Bildwinkel von 167° umfaßt.)
Die beiden obenstehenden Aufnahmen enstanden in der intensivsten Phase. Sie zeigen sehr schön die unterschiedlichen Farben (die ich per Bildverarbeitung moderat hervorgehoben habe). Die Abstufung ist nicht nur eine farbliche, sondern auch eine in der Höhe:
Grüne Polarlichter ereignen sich in der »untersten Etage« in etwa 100 km Höhe. Daran beteiligt sind O2, N2 und N+, also Atome und Moleküle von Sauerstoff und Stickstoff in angeregtem Zustand. Sie sind vor allem in hohen nördlichen Breiten die dominierenden Farben.
Eine Etage höher, in etwa 150 km Höhe, werden Sauerstoffatome zum Leuchten angeregt, und zwar in einem leuchtenden Rot. Weil sie in größeren Höhen entstehen, sind sie vor allem in gemäßigtn Breiten zu sehen, aber oft nur als diffuses Leuchten.
Ganz oben, in über 200 km Höhe entstehen violette bis blaue Lichter, und daran sind wieder Stickstoffatome beteiligt. Für ihre Entstehung sind größere Energien erforderlich, weswegen sie weniger häufig auftreten.
Wenn die Lichter von einem Punkt aus strahlenförmig nach allen Seiten auseinanderlaufen, nennt man das eine Korona. Die Form auf den Aufnahmen oben kommt dem schon ziemlich nahe.
Grüne Polarlichter ereignen sich in der »untersten Etage« in etwa 100 km Höhe. Daran beteiligt sind O2, N2 und N+, also Atome und Moleküle von Sauerstoff und Stickstoff in angeregtem Zustand. Sie sind vor allem in hohen nördlichen Breiten die dominierenden Farben.
Eine Etage höher, in etwa 150 km Höhe, werden Sauerstoffatome zum Leuchten angeregt, und zwar in einem leuchtenden Rot. Weil sie in größeren Höhen entstehen, sind sie vor allem in gemäßigtn Breiten zu sehen, aber oft nur als diffuses Leuchten.
Ganz oben, in über 200 km Höhe entstehen violette bis blaue Lichter, und daran sind wieder Stickstoffatome beteiligt. Für ihre Entstehung sind größere Energien erforderlich, weswegen sie weniger häufig auftreten.
Wenn die Lichter von einem Punkt aus strahlenförmig nach allen Seiten auseinanderlaufen, nennt man das eine Korona. Die Form auf den Aufnahmen oben kommt dem schon ziemlich nahe.
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Und schließlich noch ein Blick nach Osten. Oben in der Mitte ist das Sternbild Schwan erkennbar, am rechten Rand der Adler.
Wenn man nicht zu lange belichtet, kann man den Sternhimmel dahinter sehr schön zur Geltung bringen. Belichtet man länger (wie auch auf manchen meiner Bilder), »ertrinken« die Sterne im Schein der Polarlichter. -
Epilog
Auch für die folgende Nacht bestand noch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, Polarlichter zu erleben, wenn auch nicht so stark wie die Nacht zuvor. Der Kp- Index war allerdings wieder auf normale Werte gesunken (siehe oben, rechte Grafik).
Eine kleine Probeaufnahme vor der Haustür zeigte ein schwaches violettes Leuchten, also bin ich wieder raus auf meinen Beobachtungsstandort. - Dort wurden noch ein paar Aufnahmen angefertigt, sehr schön anzusehen mit dem zunehmenden Mond. Allerdings wartete ich umsonst auf ein visuell sichtbares Polarlicht. Aber auch so waren es einige spannende Tage. Darüberhinaus hatten die Medien im voraus ausführlich darauf hingewiesen, und so waren nicht wenige Menschen unterwegs, um dieses seltene Schauspiel zu erleben. Ich persönlich finde es schön, wenn sich aus diesem Anlaß die Menschen mit dem naturwissenschaftlichen Hintergrund der Polarlichter beschäftigen.
Wie intensiv diese Polarlichter waren, zeigte sich daran, daß es sich über den gesamten Himmel erstreckte. Die linke Aufnahme zeigt in Richtung Süden, die Sterne am oberen Rand gehören zu den Sternbilder Nördliche Krone und Herkules.
Die rechte Aufnahme in Richtung Westen zeigt Teile der Sternbilder Großer Bär und Kleiner Löwe.
Die rechte Aufnahme in Richtung Westen zeigt Teile der Sternbilder Großer Bär und Kleiner Löwe.