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Los Angeles 2012 / The Yoshua Tree National Park
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Der Yoshua Tree
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Drei Fahrstunden von Los Angeles in östlicher Richtung entfernt liegt der Yoshua Tree Nationalpark.
Seinen Namen verdankt er der Yucca- Palmlilie, die dort in großer Zahl wächst, und deren auffälliger Wuchs die Mormonen an den Propheten Joshua erinnerten. Bereits 1936 wurde das Gebiet von Roosevelt zum National Monument erklärt, und seit 1994 ist es ein Nationalpark.
Das sich über mehr als 3000 km2 erstreckende Gebiet liegt in einer geologisch hoch interessanten Wüstenlandschaft, mitten zwischen zwei unterschiedlichen Vegetationstypen: In tieferen östlichen Lagen, den Ausläufern der Colorado-Wüste, herrscht trockenes Klima mit kahlem Busch- und Kakteenbewuchs, während in höheren Lagen in westlicher Richtung das kühlere und feuchtere Klima der Mojave-Wüste vorherrscht.
Der Yoshua Tree wächst vor allem im westichen Teil. Mit seinen wachsüberzogenen, schmalen Blättern, die ein Verdunsten der Feuchtigkeit verhindern, ist er optimal an die Bedingungen der Wüste angepaßt. Er kann mehr als zwölf Meter hoch werden und bietet Lebensraum für viele Tierarten.
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Die schneebedeckten Gipfel der San Bernardino Mountains
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Bei unserer Abfahrt von Redondo Beach ist der Himmel bedeckt; unterwegs fallen sogar einige Regentropfen. Wir durchqueren die Ausläufer der Santa Monica Mountains, und hinter Riverside stehen ausgedehnte Windkraftparks. Kalifornien war ja in den USA ein Vorreiter in sachen regenerativer Energien.
Dementsprechend weht hier ein permanenter kräftiger Wind. Von einem Moment zum andern sind die Wolken aber wie weggeblasen, und strahlend blauer Himmel verheißt einen schönen Tag.
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National Park Visitor Center
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Die Straße führt stetig bergauf; dann weitet sich der Blick und gibt den Blick frei auf eine karge, steinige, nur spärlich bewachsene, jedoch gut besiedelte Landschaft.
Wir wollen vom Norden her in den Park und ihn südwärts durchqueren. Das scheint die günstigere Variante zu sein, denn im Nordteil gibt es viel mehr ausgewiesene Stellen, deren Besuch lohnt, als im Süden, auch angesichts der knappen Zeit, die uns zur Verfügung steht.
Denn es ist ja Winter - die beste Zeit für einen Besuch der Wüste, weil es im Sommer bis zu 50°C heiß werden kann. Und da geht momentan die Sonne bereits gegen 17 Uhr unter. Da außerdem die Gegend viel südlicher liegt, ist die Dämmerungsphase kürzer als in unseren Breiten.
Im Ort Joshua Tree Village liegt direkt an der Straße das Besucherzentrum. Von da aus sind es nur noch wenige Autominuten bis zum Eingang. Selbst hier liegen verstreut noch menschliche Ansiedlungen. Ich stellen mir vor, wie es sein muß, hier zu leben. Vereinzelt sehen wir Hochbehälter für Wasser, das wohl wichtigste Gut hier oben.
Heute ist Feiertag in den USA, Martin Luther King Day. Am Kassenhäuschen wird uns erklärt, daß wir deshalb heute freien Eintritt hätten. Eine sehr nette Geste, denn der Eintritt kostet sonst 15 $. Schließlich bekommen wir noch noch Karten- und Informationsmaterial ausgehändigt.
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Typisches Landschaftsbild
- Wir betreten eine bemerkenswerte Landschaft. Zwar befinden wir uns in einer Wüste, aber sie ist alles andere als kahl. Auf dem kargen, steinigen und absolut trockenen, an einigen Stellen sandigen Boden wachsen Sukkulenten und Gräser, die sich an die Trockenheit angepaßt haben.
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Skurrile Formationen aus Monzogranit
- Die überall aufragenden skurrilen Felsformationen wurden durch vulkanische Aktivitäten in großer Tiefe gebildet. Das Magma erstarrte und kristallisierte aus zu Granit, wobei horizontale und vertikale Risse entstanden. Es stieg weiter empor, durchstieß eine Formation von Gneis. Das Monzogranit genannte Gestein wurde weiter nach oben gedrückt, und als es mit Grundwasser in Berührung kam und später die Oberfläche erreichte, setzten chemische und mechanische Erosionsprozesse ein, die die Risse vergrößerten und die Bruchstücke schließlich abrundeten.
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Blick über die Landschaft
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Nachdem wir schon aus dem Autofenster heraus fotografiert haben, legen wir an einer besonders bizarren Felsenformation eine kurze Pause ein; hier ist ein Rastplatz ausgewiesen. Wir klettern auf die Felsen und blicken ins weite Rund. Von diesem erhöhten Standpunkt aus hat man eine gute Übersicht: Im Vordergrund eine Schicht herabgefallener Steine, dahinter weitet sich die Ebene, durch die sich die Straße schlängelt. Am südlichen Horizont zieht sich in geringer Entfernung die Bergkette des Quail Mountains entlang.
Das ist auch die Richtung, in die wir unsere Fahrt fortsetzen. Nicht allzuweit von hier entfernt liegt der Aussichtspunkt Keys View. Mit dem Auto kann man direkt hinauf fahren. Dafür müssen noch einige Höhenmeter bewältigt werden, denn der Aussichtspunkt liegt in einer Höhe von 1581 m.
Es ist ein ganz besonderer Ort, und das liegt nicht nur an der grandiosen Aussicht, die sich dem Besucher hier bietet. Direkt vor uns, nur ein paar Meilen entfernt im Tal, befindet sich die San-Andreas-Verwerfung, eine der seltenen Stellen auf der Erde, an denen zwei Kontinentalplatten aufeinander treffen, die pazifische und die nordamerikanische. Sie driften voneinander weg, und wer ein Jahr später an dieser Stelle steht, befindet sich zwei Zoll weiter südostlich als heute. Das scheint nicht viel zu sein, summiert sich aber in einer Million Jahren auf über 50 Kilometer Landbewegung.
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Keys View
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Die Tektonik dieser Verwerfung ist für die Entstehung der Santa Rosa Mountains verantwortlich, die eine Wasserscheide zwischen feuchter ozeanischen Luft und trockenem, regenarmen Wüstenklima darstellen. An diesen Stellen entlang der Bruchzone ist die Gefahr von Erdbeben besonders groß; das letzte größere Erdbeben in Los Angeles ereignete sich hier im Jahr 1994.
Das zeigt uns anschaulich, daß die Erde kontinuierlichen Veränderungen unterworfen ist, auch wenn sie so langsam ablaufen, daß man sie mit bloßen Auge nicht wahrnimmt.
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Keys View, Blick nach Südwesten
- Auffällig ist auch der über der Landschaft liegende Dunst, der eine klare Sicht auf die nur 12 Meilen entfernte Stadt Palm Springs sowie die dahinterliegenden Santa Rosa Mountains erschwert. Ursache ist nicht nur die Feuchtigkeit, sondern auch die Luftverschmutzung der großen an der Küste liegenden Ballungszentren, durch Industrie und Autoabgase. Der Dunst wird durch die vom Pazifik her landeinwärts wehenden Winde weit ins Inland getragen. Wir aber genießen die famose Aussicht und fotografieren ausgiebig.
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Im Hidden Valley ist es schon schattig
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Schließlich müssen wir weiterfahren; es ist schon halb drei, und bis zum Sonnenuntergang bleiben uns nur noch zweieinhalb Stunden. Unser nächstes Ziel ist das Hidden Valley.
Das Hidden Valley ist ein verstecktes Seitental, das Pferdedieben Mitte des 19. Jh. als Versteck und Zuflucht diente, in dem aber auch Viehzucht betrieben wurde. Das war möglich, weil sich durch die abgeschlossene und geschützte Lage ein eigenes, angenehmes Mikroklima herausbilden konnte. Durch das Tal führt ein 1,4 Meilen langer Rundweg, den wir gehen.
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Letzte Sonnenstrahlen
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Bereits beim Einstieg über eine schmale Felsenschwelle beeindrucken uns die hohen, bizarr geformten Felsen, die das Tal wie die Wände eines Kessels umschließen. Im Innern ist es zum Teil schon schattig, denn die Sonne steht schon merklich tief. Die Wege führen zum Teil über sandigen Untergrund, was den Wüstencharakter noch verstärkt.
Vor lauter Fotografieren komme ich nur langsam voran; meine Begleiter bringen sehr viel Geduld auf und warten von Zeit zu Zeit auf mich. Ich genieße jeden Schritt, der immer neue Perspektiven bietet und mit neuen Fotomotiven aufwartet. Am liebsten wäre ich auch auf einen der vielen Felsen geklettert, aber die Zeit rennt uns davon. Von einigen Stellen hängen lange Seile herab, denn der Nationalpark ist ein beliebtes Ziel für Bergsteiger.
Schließlich ist die Runde vollendet, und wir fahren weiter Richtung Barkers Damm, der errichtet wurde, um das Wasser zu stauen, denn an diesem Ort wurde früher in bescheidenem Ausmaß Bergbau betrieben. Und danach wollen wir noch zu einem weiteren Aussichtspunkt, der Oase Lost Palmes.
Aber dazu kommt es nicht mehr. Die Zeit macht uns einen Strich durch die Rechnung. Wir gehen nur ein paar hundert Meter Richtung Parkers Damm, dann kehren wir um.
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Yoshua Trees im Gegenlicht
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Die Landschaft gleicht der im Hidden Valley. Den kompletten Rundweg schaffen wir ohnehin nicht mehr vor Sonnenuntergang, und außerdem dringen die tief stehenden Strahlen der Sonne nicht mehr ins Innere.
Hier überrasche ich auch einen jackrabbit, einen langohrigen Hasen, der sich vor allem morgens und gegen Abend zeigt. Ansonsten sahen wir außer einigen Coyoten, die die Straße kreuzten und keinerlei Interesse für die Autofahrer zeigten, und einem Roadrunner kaum andere Tiere. Viele Arten werden erst in der Dämmerung aktiv, wenn die Temperaturen erträglich werden.
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Im Licht der untergehenden Sonne
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Also fahren wir weiter Richtung Süden, und bevor die Sonne endgültig hinter dem Horizont verschwindet, taucht sie die Landschaft, aber besonders die Felsen in ein intensiv rötliches Licht. Dann ist sie weg, und während sich im Westen der Planet Venus zeigt, steigt im Osten der grauviolette Erdschatten über dem Horizont auf.
Die Dämmerung ist nur kurz; schnell ist es dunkel. Wir verlassen den Nationalpark nahe Palm Springs und fahren zurück zum Hotel. Die Gedanken bleiben noch eine ganze Weile in dieser faszinierenden Gegend.