- Die Nacht war heute noch eine Stunde kürzer, und so komme ich morgens erneut schwer hoch. Das Wetter hat sich so entwickelt, wie es sich bereits gestern abend andeutete - der Himmel ist bedeckt von tiefhängenden Wolken, aus denen es ab und zu schneit, und es ist diesig. Von den Berggipfeln der Vesterålen ist wenig zu sehen. Zum Frühstück liegen wir in Harstad, an den Ufern der größten norwegischen Insel Hinnøya.
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Jetzt häufen sich wieder die Brücken; die durch ihre elegante geschwungene Form das Landschaftsbild mit prägen. Wir werden heute durch einige von ihnen hindurchfahren, und während wir nach oben starren und prüfen, ob das Schiff auch hindurchpaßt, schauen von oben nicht wenige Menschen auf uns herab. Wir nehmen ihre Träume mit auf die Reise.
Gleich danach ist wieder eine enge Passage zu durchqueren, die Risøyrenna. Es ist eine seichte Stelle, die Anfang des Jahrhunderts durch Ausbaggern eine Fahrrinne erhielt, die mit etwa 6 m tief genug ist, damit die Postschiffe nicht auf Grund laufen. Gäbe es diese Passage nicht, müßten die Schiffe um die Vesteråleninsel Andøya herumfahren und wären der offenen See und den Wetterunbilden ausgesetzt. Doch es ist ja gerade ein Vorteil dieser Schiffsroute, daß sie sich so weit wie möglich duch die Schutz bietenden Inselgruppen hinduchschlängelt.
Die Passage ist durch viele Seezeichen markiert. Die Sonne schaut trübe durch die winterliche Wolkendecke, und es liegt eine merkwürdig melancholische Stimmung über der Landschaft. - Kurz danach legen wir bei mittlerem Schneefall in Risøyhamn an, direkt neben der großen Brücke ist das Kai des kleinen Ortes.Es ist Sonntag, und der verschlafene Eindruch paßt gut zur Stimmung dieses Tages. Wir stapfen durch den Schnee, immer in Reichweite des Schiffes, denn der Aufenthalt ist kurz. Dann geht die Fahrt weiter durch die Inselwelt der Vesterålen bis nach Sortland, der blauen Stadt.
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Dominieren sonst die rotgestrichenen Holzhäuser das Bild norwegischer Orte, sind es hier die blauen Anstriche, die die Blicke der Besucher auf sich lenken sollen. Wir stellen fest, daß das Schiff an einem neu errichteten Kai anlegt, viel näher dem Zentrum als der alte Platz, und machen uns auf den Weg in die nahe Innenstadt. Auch hier liegt noch relativ viel frischer Schnee.
Die Inschrift auf dem Postamt lautet sinngemäß:" Leg den Brief in den blauen Wind, kleb eine Briefmarke in die Ecke und sende Deine Grüße in alle Himmels-richtungen. -
Die Inselgruppe der Lofoten und Vesterålen ist dicht besiedelt, und so sind die Abstände zwischen den Häfen recht kurz. Stokmarknes heißt die nächste Station, und hier auf den Lofoten beginnt der Winter bereits zu weichen: Der Schnee geht in leichten Regen über, und es taut.
Wir laufen heute, da es in den geschlossenen Geschäften nichts zu holen gibt, auf die nahe Brücke, wo wir eine gute Sicht auf zwei Generationen "Finnmarken" haben. Der namentliche Vorgänger unseres Schiffes liegt hier auf dem Trockenen, direkt vor dem Hurtigrutenmuseum. Das Schiff war von 1956 bis 1994 im Einsatz; eine für Postschiffe lange Zeitspanne. Es ähnelt in seinem heutigen Aussehen eher einer Arche Noah, und seine Zukunft ist ungewiß, weil die Finanzmittel zur Erhaltung fehlen.
Bevor wir aufs Schiff zurückkehren und die Reise fortsetzen, sehen wir uns im Hurtigrutenmuseum um. - Die Vesterålen und die Lofoten sind durch den schmalen, 20 km langen Raftsundet getrennt. Im vorigen Sommer, vor acht Monaten hatten wir dort für ein paar Tage auf einem kleinen Campingplatz unsere Zelte aufgeschlagen. Dieses Foto entstand im Sommer und zeigt unser Schiff auf der südgehenden Route
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Und so stehen wir heute auf Deck und sind gespannt darauf, wie sich uns die Gegend im Winter präsentiert.
Die Landschaft ist nebelig und von tiefhängenden schmalen Wolkenschleiern durchzogen, was ihr eine eigenartige feierliche Stimmung verleiht. Der Platz zieht an uns vorbei, und wir sehen tatsächlich einen einzigen Wohnwagen dort stehen. -
Kurz darauf zieht das Schiff eine scharfe Rechtskurve und liegt plötzlich vor der Einfahrt zum Trollfjord, mit 100 m an seiner schmalsten Stelle einem der schmalsten Fjorde in ganz Norwegen. Der 2 km lange Fjord ist einer der Höhepunkte der Schiffsreise - im Sommer, wenn die Schife langsam hineinfahren, auf der Stelle wenden und zurückfahren. Zu beiden Seiten ragen die Berge bis 100 m hoch steil auf.
Leider wird der Trollfjord im Winter nicht befahren. Doch das Schiff dreht sich auf der Stelle, um allen Passagieren einen Einblick in den schmalen Fjord zu geben und setzt dann seine Fahrt fort. -
Kurz vor Erreichen des malerisch gelegenen Svolvær reißt der Himmel an einer Stelle auf, und die Sonnenstrahlen fallen auf die hoch aufragende Berggipfel. Wir lassen heute die Rorbuer links liegen, denn es gibt stadtauswärts eine Brücke, von der man einen guten Blick hat auf den Hafen und die Umgebung. Es beginnt schon leicht zu dämmern, als wir unseren kleinen Rundgang beenden.
Zurück auf dem Schiff schließt sich nahtlos das Abendessen an; es gibt heute abend Saibling. -
Nach dem Abendessen sitzen wir lange mit unseren Tischnachbarn, dem Ehepaar Thiele aus Hamburg, mit denen wir uns angefreundet haben, zusammen und tauschen Eindrücke aus. Das Wetter und die "südlichen" Gefilde überzeugen mich davon, daß die Zeit der Polarlichtjagd vorüber ist, aber später abends riskiere ich noch einen Gang nach draußen. Der Himmel ist teilweise erhellt, doch nicht von Polarlicht.
Heute abend verlassen wir die Lofoten und kehren über eine offene Seestrecke zurück zum Festland.
Fahrt mit der MS "Finnmarken" März 2008
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