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Sa 26.6.
Nachts hat es geregnet, und Wolken verhüllen die Gipfel der Berge. Mit 10°C ist es wieder kühler geworden. Schnell sind wir an der Fähre und reihen uns in die Warteschlange der etwa ein Dutzend Wartenden ein. Wieviele von ihnen mögen dort die Nacht verbracht haben? Die Überfahrt startet pünktlich um 10:00. Leider ist der Himmel noch immer wolkenverhangen und grau; es regnet, und so gehen wir uns erst einmal unter Deck, denn draußen gibt es nichts zu sehen.
Als dann die Lofotwand auftaucht, gehen wir an Deck, und in einer regen- und windgeschützten Ecke betrachten wir das regenwolkige Ziel unserer Reise. Etliche Segelschiffe sind vor der Küste auf See. Als wir 12:45 in Svolvær ankommen, regnet es gerade mal nicht.
Wir fahren auf der E10 Grobrichtung Südwest, denn die Straßen sind kurvenreich und folgen auch hier den geologischen Gegebenheiten der Inselgruppe. Oftmals umkurven wir Fjorde und Buchten und fahren kurzzeitig in die entgegengesetzte Richtung. War der Himmel zu Beginn noch grau und voller Regenschauer, zeigen sich allmählich helle Stellen, und die Sonne schaut hervor. Doch schon hinterm nächsten Tunnel fällt wieder Regen.
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Für einen solchen Tag ist der Besuch eines Museums gerade das Richtige. Und wie es sich so trifft, durchfahren wir gerade Borg. Dort steht das bekannte Wikingermuseum, an dem wir schon oft vorbeifuhren, es aber noch nie besuchten. Wir kaufen eine Eintrittskarte und gehen los, mit Regenumhang und Wanderschuhen ausgerüstet.
Blickfang und zentraler Teil der Ausstellung ist ein nach Originalfunden rekonstruiertes Wohnhshaus eines Wikingerhäuptlings von beachtlichen Ausmaßen, 83 m lang und 6 m hoch.
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Innen ist es trocken, in mehreren Räumen brennt ein Feuer, über denen ein Kessel mit Suppe köchelt, und an dem man sich aufwärmen kann. Rauchschwaden schweben durchs Gebäude und lassen den Atem schwer werden.
Gerade findet eine deutsche Führung statt. Die Erklärungen der deutschen Führung sind etwas dürftig, verglichen mit der norwegischen Variante. Zwei Drittel des Innern sind mit rekonstruierter Einrichtung ausgestattet; Aufenthaltsraum und Thron des Häuptlings, Werkstätten - hier kann alles angefaßt werden.
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Die kecksten der Besucher streifen sich ein Kettenhemd über, stülpen sich einen Helm über Kopf, ergreifen Schwert und Schild, machen ein kriegerisches Gesicht und lassen sich so von ihren Liebsten ablichten.
Im restlichen Drittel des Hauses ist ein Museum untergebracht, in dem originale Gegenstände präsentiert werden und die Geschichte der Wikinger erzählt wird. Wir sparen uns das Museum für später, denn es hat aufgehört zu regnen, und wir begeben uns nach draußen.
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Wir besichtigen die Grabungsstätten und machen uns dann auf den Weg zum Wikingerschiff. Nach zehn Minuten Fußmarsch bergab kommen wir am Seeufer an, wo die "Lofotr" vor Anker liegt, ein Nachbau eines in Vestfold gefundenen Schiffes. Bau und Anteilnahme der Bevölkerung beim Transport des Schiffes hierher sind im Museum ausführlich dokumentiert.
Auf dem Rückweg kann man noch die Schmiede und andere kleinere Gebäude besichtigen. Ein Regenguß geht nieder, und wir retten uns ins Häuptlingshaus, lassen die Sachen in Nähe des Feuers trocknen und besichtigen schließlich noch das Museum,, ehe wir weiterfahren.
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Der Campingplatz in Fredvang ist unser Tagesziel. Der Platz ist schwach belegt. Er bietet nicht allzuviel Komfort, hat aber den Vorteil einer ungehinderten Sicht nach Norden - zur Mitternachtssonne.
Kurz nach unserer Ankunft macht der Regen eine Pause. Von Südwest bläst ein scharfer Wind, aber das kennen wir schon; der Wind kann ungehindert über den flachen Platz fegen. Wir bauen das Zelt entsprechend auf; die Schmalseite gegen den Wind.
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Zwischen Regenschauern kommt die Sonne heraus, zaubert helle Flecken auf die gegenüberliegenden Berge und prächtige Regenbogen an den Himmel. Man kann nur zusehen und staunen... Abends zeigt sie sich wieder kurz, diese Stimmung, wenn das Licht der tief stehenden Sonne die Landschaft erhellt.
Wir haben eine Bank quer über den Platz zum Zelt getragen, doch angesichts des Windes kochen und verzehren wir unser Abendessen im Zelt. Wir unternehmen einen kurzen Spaziergang am nahen Sandstrand entlang. Später regnet es wieder. Abends ist es mit 8°C recht kühl.
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So 27.6. Nachts hat es anhaltend geregnet, begleitet von stürmischem Wind. Dieses Wetter hält den ganzen Tag über und die kommende Nacht an. Es bleibt empfindlich kühl. Ich habe mich erkältet, und die Erkältung macht mir zunehmend zu schaffen. Ich fühle mich schlapp und verbringe mehr oder weniger den ganzen Tag im Zelt.Nur am Nachmittag gehe ich in den Aufenthaltsraum neben der Rezeption und schaue mir das Fußballspiel D-Eng 4:1 an. Das ist dann schon der Höhepunkt des Tages. An diesem Sonntag schieße ich kein einziges Foto. Stattdessen wickle ich mich fest in meinen Schlafsack und hoffe auf besseres Wetter und abklingende Erkältung.
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Mo 28.6.
Was sich bereits in der Nacht andeutete, hat sich am Morgen zur Gewißheit erhärtet: Der anhaltende Regen hat Teile des Platzes in eine Seenlandschaft verwandelt, zur großen Freude der Möwen und Austernfischer. Was weniger erfreulich ist: Der Eingangsbereich unseres Zeltes und der Platz davor sind Teil der Seenlandschaft; nur der "Schlafteil" ist davon nicht betroffen. Wir haben keine andere Wahl - wir müssen umziehen.
Wir leeren also das Zelt, werfen den Inhalt ins Auto (das auch zum Teil im Wasser steht), lösen die Seile und bauen das Zelt einige Meter weiter an einer erhöhten Stelle wieder auf.
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Heute müssen wir uns etwas mehr bewegen, und da es aufhört zu regnen und der Himmel heller wird, fahren wir mit dem Auto nach Fredvang, Richtung "Zentrum", wie das Straßenschild besagt. Man muß schon genau aufpassen, daß man das nicht verfehlt, bei solch kleinen Orten. Wir schlendern zum nahen Hafen und haben gerade noch Zeit, uns etwas umzuschauen, da treibt uns der nächste Regenschauer schon wieder zurück zum Auto.
In der Nähe, gleich neben einer der geschwungenen Brücken, die die Inseln miteinander verbinden, ist ein überdachter Rastplatz. Dort wird gerade ein opulentes Büffet für eine Gruppe Radfahrer aufgebaut, die froh sind, einmal nicht dem Regen ausgesetzt zu sein.
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Dann fahren wir ans Ende von Yttresand - gegenüber unserem Campingplatz gelegen. Dort ist ein Parkplatz, Ausgangspunkt für verschiedene Wanderungen. Bergauf zu laufen verbietet sich von selbst, zu durchfeuchtet sind die Wege uns Wiesen. Aber eine Tour kann man unternehmen, immer am Ufer entlang: zur Mulstøya, einem Platz, an dem früher ein bewohntes Anwesen stand.
Der Weg ist schwieriger als wir ihn in Erinnerung hatten; die Steine auf dem ersten Wegabschnitt sind glitschig, und der Boden morastig und bedeckt mit den Hinterlassenschaften der allgegenwärtigen Schafe; überall fließen Rinnsale den Berg hinab. Man muß sich sehr konzentrieren, und ich bin durch meine Erkältung noch etwas geschwächt. Dann wird der Weg besser, trotzdem gelange ich innerlich ziemlich durchnäßt an unserem Ziel an.
Dort weiden die Schafe, und die einzige Hütte, wo man sich unterstellen könnte, ist in Privatbesicht und mit einem Zaun umgeben. Wir klettern - die Besitzer nehmens mir hoffentlich nicht krumm! - über den Zaun, und ich kann, vor Wind und Regen geschützt, meine nassen Sachen wechseln. Der Rückweg fällt etwas leichter.
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Zuhause erholen wir uns bei Kaffee, Tee und Lefse vor dieser "anstrengenden" Tour. Der Regen hat ganz aufgehört, die Wolkengrenze ist nach oben gerutscht und liegt nun bei etwa 400 m.
Als ich nachts aufwache, sehe ich draußen einen hellen Schein - die kaum noch vermutete, aber doch noch eingetroffene Mitternachtssonne. Ich bin zu müde und krieche gleich wieder in den Schlafsack, aber Kerstin dokumentiert diesen bislang so seltenen Anblick.
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Di 29.6.
Der heutige Morgen empfängt uns freundlich und mit etwas Sonne, aber bald schon zieht leichte Bewölkung auf. Es ist etwas wärmer geworden. Das Zelt trocknet, und wir können endlich mal draußen auf der Bank frühstücken.
Als wir das Zelt zusammengepackt haben und abreisen, fallen drei Tropfen. Wir fahren zunächst ein Stück entlang der Küstenlinie von Flakstadøya, dann über Land, unter dem Nappstraumen hindurch auf die Nachbarinsel Vestvågøy.
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Schnell sind wir in Leknes und fahren auf der E10 weiter Richtung Nordosten. Hier biegen wir ab Richtung Nordwestküste. Der kleine Ort Unstad ist unser Ziel, hier führt ein Wanderweg entlang der Küste zum 7 km entfernten Eggum. Von dort aus waren wir früher schon einmal losgewandert, aber nur die halbe Strecke.
Wir durchfahren zwei Tunnel, und schon sind wir in Unstad, wo auch die Straße endet. Ringsumher ragen imposante Berge in die Höhe.
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Wir stärken uns, ehe wir loslaufen. Nachdem der Himmel sich bisher bedeckt hielt, klart er jetzt tatsächlich auf. Der Wanderweg beginnt direkt am Strand und führt dann, nach Überquerung eines Baches, bergauf. Es wird steiler und steiniger, Felsen müssen überklettert werden, an manchen Stellen hilft ein gespanntes Seil. Der Weg ist, worauf auch ein Schild am Anfang hinweist, nichts für Menschen, die auf einem so schmalen Pfad entlang einer steil abfallenden Bergflanke Schwindelgefühle bekommen:
Personer med ekstrem Høydeskrekk bør være oppmerksom på de par »luftige« passasjene på turen.
- Wie man sieht und riecht, haben auch Schafe diesen Weg genommen. Ich schnaufe und schwitze bergauf; wir wollen vorerst nur bis zum Leuchtturm laufen. Endlich zeigt sich der Leuchtturm, doch nach der nächsten Kurve ist er wieder verschwunden. Als wir ihn schließlich erreichen, wollen wir dort Rast machen, aber leider taten das die Schafe auch.
- Wir kehren also um und suchen uns eine kleine Stelle oberhalb des Weges für unsere Pause. Wir genießen die Sonne und die Landschaft gleichermaßen. Zurück am Auto gibt es Tee am Strand.
- Wir fahren zurück durch diese herrliche Gegend mit ihrer bizarren Bergwelt, die jetzt im Sonnenschein erst so richtig zur Geltung kommt.
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Mit Fotostops aber müssen wir uns etwas zurücknehmen, denn es ist schon früh am Abend, und von Laukvik - unserem Tagesziel - sind wir noch 50 km entfernt. Hier wie auch an vielen anderen Stellen Norwegens schafft man pro Stunde kaum mehr als 60 km.
Wir fahren Richtung Svolvær, halten kurz bei Kabelvåg an der prächtigen Holzkirche und biegen schließlich bei Sildpollen nach Westen ab. Von hier aus sind es noch 20 km, und als wir endlich am Ziel sind, finden wir auf einem Stück Rasen noch einen schönen Platz (das finden auch die Mücken!) für unser Zelt; sogar mit Bank davor.