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Die Reise zur schwarzen Sonne
USA August-September 2017Der Tag vor
der Finsternis
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Der Sonnenfinsternismarkt in John Day
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So. 20.8. Am Morgen ist es wie am Vortag kalt, sonnig und klar. Die Wettermodelle sagen für morgen klaren Himmel voraus. Allerdings ziehen Zirruswolken auf, die zumindest in unseren Breiten einen Wetterwechsel ankündigen...
Der Tag vor dem großen Ereignis ist ein Sonntag, und nach unserer gestrigen anstrengenden und erlebnisreichen Tour lassen wir es heute ruhig angehen. Wir wollen nach John Day, eine malerischen, aber lebhaften Gemeinde fahren, die nur ein paar Meilen von unserem Campground entfernt liegt. Der Namensgeber für den Ort, der Fluß und andere geografische Orte war ein Jäger und Fallensteller, der im 18. Jh. an einer Expedition quer durch Amerika teilnahm.
Auch in John Day hat man sich wie anderenorts gründlich auf die bevorstehende Sonnenfinsternis und den zu erwartenden Besucheransturm vorbereitet. Auf dem Marktplatz findet ein eclipse market statt, und es werden T-Shirts, Poster, Fotos und andere Souvenirs rund um Amerikas großes Ereignis angeboten. In einer eigens aufgelegten Broschüre wird betont, daß es an keiner Stelle in Oregon eine größere Möglichkeit gibt, die Finsternis zu beobachten, als in Grant County, dem Verwaltungsbezirk, in dem wir uns befinden.
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Hier gibt es Souvenirs
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Überall werden T-Sshirts angeboten. Viele Entwürfe gehen großzügig mit dem Thema Sonnenfinsternis um, so hat manche Sonne große Zackenstrahlen und ein richtiges Gesicht.
Ein Shirt aber gefällt mir besonders gut, und es wird an einem Stand der Stadt angeboten. Leider sind nur noch Kindergrößen vorrätig, aber man kann sich auf eine Liste setzen lassen und es sich zuschicken lassen. Ich erkläre, daß ich aus Deutschland komme und frage, ob der Versand ein Problem ist. Die Verkäuferin verneint, und ich setze mich auch auf die Liste und bezahle 20 $ und noch einmal 5 $ Versandkosten.
(Zu Hause warte ich dann gespannt auf mein Päckchen, und tatsächlich klingelt nach 5 Wochen der Postbote an der Tür, und es ist eingetroffen.)
Neben dem Verkaufsstand steht eine große Weltkarte, und alle Besucher von John Day sind eingeladen, eine Nadel an die Stelle des Herkunftsortes zu stecken. Erwartungsgemäß stammen die meisten Besucher von der Westküste der USA, die zweithäufigsten kommen von der Ostküste. Wie man sieht, ist Deutschland zweimal vertreten, und der hellgrüne Stecknadelkopf, das sind wir...
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Aus welchen Gegenden kommen die Besucher?
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Hier wohnten, praktizierten und verkauften sie ihre Waren.
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Am Ende des 19. Jh. wanderten zahlreiche Immigranten aus China ein, um sich als Goldgräber bzw. Arbeiter beim Eisenbahnbau zu verdingen. Die chinesische Gemeinde hier umfaßte mehr als tausend Einwohner.
Zwei Chinesen, Ing Hay und Lung On, erwarben sich große Verdienste; der eine als angesehener Arzt, der die chinesische Heilkunst beherrschte, der andere als Händler und Übersetzer. Beide gründeten eine Apotheke und ein Warenhaus. Heute ist das Haus Teil eines Museums, das über das nicht einfache Leben der Chinesen berichtet, die arm blieben, und von denen die meisten ihre Heimat nie wieder sahen, weil sie ganz einfach das Geld für die Überfahrt nicht aufbringen konnten.
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Aus dem Leben der Goldwäscher
- Unmittelbar an John Day schließt sich in nördlicher Richtung Canyon City an, die drittgrößte Stadt des Grant County. Sie wurde im Zuge des Goldrauschs gegründet, der einsetzte, als man 1862 im Canyon Creek Gold fand. Bis zu zehntausen Goldgräber strömten aus allen Teilen des Landes in diese Gegend. Auch hier gab es eine große Gemeinde chinesischer Immigranten. Nach dem Brand von 1885 wurde allerdings entschieden, daß Chinatown nicht mehr aufgebaut wird.
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Ein historischer Ford- Lieferwagen
- Im Zentrum des kleinen Ortes befinden sich einige mehr oder weniger original erhaltene Gebäude wie die Kirche oder das Rathaus, und es wurden Szenen aus der Blütezeit der Stadt im 19. Jh. nachgebildet. Wir schauen uns um, und dann fahren wir zurück zum Campingplatz.
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Im State Park kann man sich auch ein Tipi mieten
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Am Nachmittag unternehmen wir einen kleinen Spaziergang durch den Erholungspark. An seinem Rand entlang fließt der John Day River, und an seinem Ufer verläuft ein kleiner Pfad, dem wir folgen.
Außerhalb des Parks sind über Nacht etliche kleine Zelte entstanden, deren Besitzer keinen Platz mehr im Campground fanden, dieaber wie wir auf das morgige Ereignis warten. Einige baden im flachen Fluß und verschaffen sich eine Abkühlung, denn ihre Zelte stehen mitten in der heißen Sonne.
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Der Anblick des Westhimmels am Vorabend der Sonnenfinsternis
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Dann habe ich noch eine wichtige Aufgabe zu erledigen: Der Ablauf der morgigen Finsternis muß erprobt werden. Und so baue ich Stativ und Kamera auf, spiele alles noch einmal durch und notiere mir, was ich für morgen alles benötige.
Allerdings beschleichen mich beim Anblick des Himmels ungute Gefühle, denn zu den Rauchwolken haben sich Zirren und auch mittelhohe Wolken gesellt und bedecken eine Großteil des Himmels, und es wird windiger. Die einzige Hoffnung, die mir bleibt, ist die Wettervorhersage, nach der es hier morgen klar und sonnig sein wird.